Es ist die Leere, die es brauchbar macht | Umgehen mit dem eigenen unerfüllten Kinderwunsch | GASTARTIKEL (Teil 1)
Alex & Romy
Kinderwunsch-Coach und Paarberater
Ein weiterer berührender Gastartikel aus der Zukunftsglück-Community, rund um das eigene Erleben der Autorin im Umgang mit ihrer unfreiwilligen Kinderlosigkeit.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Autorin Friederike [Name geändert], die anonym bleiben möchte.
Aufgrund der Länge des Artikels wird er hier in drei Teilen veröffentlicht. Untenstehend findet ihr den ersten Teil, während Teil 2 und Teil 3 als eigene Blog-Artikel erscheinen.
GASTBEITRAG | Es ist die Leere, die es brauchbar macht | Umgehen mit dem eigenen unerfüllten Kinderwunsch | Teil 1 | Beitragsbild: Isaac Quesada auf Unsplash
Es ist die Leere, die es brauchbar macht
„Eltern halten die Hand ihres Kindes für eine bestimmte Zeit… sein Herz halten sie jedoch für immer.“
Steht auf der Karte, die ich für eine liebe Freundin und gerade frisch gewordene Mutter ausgewählt habe. Natürlich werde ich noch etwas Individuelles raus suchen. Doch der Spruch regte mich zum Nachdenken an.
Wenn Eltern das Herz ihres Kindes für immer halten, was halte ich dann?
Ich lerne so langsam meinen eigenen Weg zu gehen. Manchmal ist es noch etwas wackelig und nebelig auf meinem Weg. Ich kenne das Ziel nicht und ich verfolge keinen direkten Plan oder Sinn. Ich weiß auch nicht, ob alles zwingend einen Sinn als ungewollte Kinderlose machen muss. Vielleicht ist die Sinnsuche einfach nur ein Holzweg. Vielleicht ergibt sich der Sinn durch das tägliche bescheidene Tun.
Zumal, das muss ich hier schon betonen, dass ich eigentlich ein sehr zufriedenes Leben lebe. Und die Frage, ob ich wirklich Mutter sein wollte, die konnte ich nie mit 100 % Ja oder Nein beantworten. Und die Ambivalenz und nun Nicht-Mutter, sondern ganz ich selbst zu sein, kommt nur hoch, wenn Freundinnen schwanger werden, ihr Kind bekommen und ich sie als Familie die ersten Male sehe. Ich ihnen Glückwunschkarten bastele. Im normalen Alltag bin ich sehr froh über meine Freiheit und die Möglichkeit, die ganze Aufmerksamkeit für meine Interessen und Leidenschaften haben zu können. Das was ich liebe, ich kann es tun.
Wenn ich sehe, wie meine Freundinnen nun Mütter geworden sind, dann freue ich mich für sie.
Wer wäre ich, wenn ich nun sagen würde, nur weil es bei mir nicht klappt und ich mich auch nie entscheiden konnte, soll es bei allen anderen nun auch so sein. Nein, es ist toll, wenn ein neues Leben beginnt und Menschen dafür die volle Liebe und Verantwortung übernehmen. Und sie geben alles!
Mir fällt auf, dass meine Freunde andere Prioritäten als Familie setzen. Dass ich vier Monate im Voraus mit ihnen nun plane, wann wir uns denn an einem Tag sehen können. Bis wir einen Termin finden, dauert es. Immer gibt es die gleiche Antwort. Dazwischen gibt es fast immer Besuche oder Reisen zu ihren eigenen Familien mit dem Nachwuchs. Und Treffen mit anderen Eltern. Das tut mir ein bisschen weh.
Es ist fasst so, dass man für Freunde, die nun Eltern sind, nicht mal mehr als die 2. Geige oder Bratsche herhalten kann. Würde ich den Vergleich mit einem Musikinstrument in einem klassischen Orchester machen, würde ich mal sagen, dass man nur noch als Harfe dann und wann ein paar Töne machen darf. Das Orchester mit seinen Bläsern, Streichinstrumenten, Holzblasinstrumenten und Pauken spielt als Team miteinander. Diese Musiker werden vom Dirigenten dirigiert und sie spielen zusammen. Die Harfe ist mit ihren leisen Tönen soweit im Hintergrund, dass nicht einmal der Dirigent ihr einen Einsatz gibt. Konzertharfenisten warten meist stundenlang, ganz am Rand vom Orchester, um kurz „Pling Pling“ zu machen. Wann sie dann genau einsetzen, müssen sie selbst erahnen. Dabei lieben alle die Harfe und es ist ein sehr komplexes und großartiges Instrument. Alle Menschen lächeln, wenn sie eine Harfe sehen. Das Instrument berührt das Herz aller Menschen. Es drückt etwas Verwunschenes aus, wofür man keine Worte findet. Wie eine alte Erinnerung, die man auf dem verstaubten Dachboden der Eltern findet.
Ich verstehe es sehr gut, dass nun Eltern und Verwandte wichtiger sind
Dass Eltern logischerweise neue Freunde finden, die auch Eltern sind. Und, dass diese Rolle einfach viel ins Rollen bringt. Und, dass Eltern einfach alles geben und nun andere Prioritäten setzen müssen. Es geht ja auch gar nicht anders und über Nacht hat sich ihr Leben total verändert.
Nur meins nicht. Vielleicht habe nur ich das Problem, weil ich Schuldgefühle bekomme, dass ich nicht Mutter bin. Warum diese Gedanken und Gefühle hoch kommen, weiß ich nicht. Manchmal in Begleitung mit meinen Tagen. Vielleicht habe ich einerseits die Freiheit und Unabhängigkeit in meiner Brust und andererseits einen Wolf, der seinen Platz in einer Gemeinschaft in seinem Rudel möchte. Vielleicht möchte ich nur dazu gehören. Und andererseits auch nicht.
[Weiterlesen in Teil 2 dieses Gastartikels]
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