Es ist die Leere, die es brauchbar macht | Umgehen mit dem eigenen unerfüllten Kinderwunsch | GASTARTIKEL (Teil 2)
Alex & Romy
Kinderwunsch-Coach und Paarberater
Der zweite Teil eines tiefgründigen Gastartikels aus der Zukunftsglück-Community, rund um das eigene Erleben der Autorin beim alltäglichen Umgehen mit ihrer ganz individuellen unfreiwilligen Kinderlosigkeit.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Autorin Friederike [Name geändert], die anonym bleiben möchte.
Aufgrund der Länge des Artikels wird er hier in drei Teilen veröffentlicht. Untenstehend findet ihr den zweiten Teil, während Teil 1 und Teil 3 als eigene Blog-Artikel erscheinen.
GASTBEITRAG | Es ist die Leere, die es brauchbar macht | Umgehen mit dem eigenen unerfüllten Kinderwunsch | Teil 2 | Beitragsbild: Isaac Quesada auf Unsplash
[Diesem Gastartikel von Friederike geht der dazugehörige Teil 1 des Textes voraus]
Meine Freunde sind als Eltern grandios und mächtig stolz
Ich sehe, wie sich meine Freunde entwickeln und an der Herausforderung, ein neues Leben zu begleiten, wachsen. Und wie sie wachsen. Sie wachsen nach ein paar Jahren als Eltern.
Und dadurch sind mir einige meiner Freunde fremd geworden, durch ihren veränderten Alltag mir ihren Bedürfnissen und ich ihnen. Es ist ein bisschen so, als ob die vorderen Instrumente im Orchester gar nicht mitbekommen haben, dass die Harfe nicht mehr „Pling Pling“ macht. Als ob das Instrument jetzt wirklich schön ist, aber nicht so zwingend nötig ist, wie die erste Geige, die Streicher, die Blasinstrumente und die Pauken. Nach ein paar Jahren verändert sich der Blick von meinen Freunden, als ob man plötzlich Sorgen von Menschen, die keine Kinder haben, belächelt. Ja, das ist ja ganz nett so als Harfe, aber hey komm, du kannst halt einfach nicht mitreden, wie das als erste Geige mit Verantwortung ist.
Dabei übernehme ich die Verantwortung für mich selbst
Für mein Leben. Ich halte mein Herz in den Händen. Für immer folge ich dem, was mein Herz mich fühlen und zum Lachen bringt.
Letztens war ich bei einer sehr guten Freundin verabredet, dass ich den ganzen Tag bei ihrer Familie mit Mann und Kind mit ihr verbringe. Das ist natürlich an den Gegebenheiten der Familie angepasst, dass wir wirklich einen schönen Tag verbringen können. Im Vorfeld ging es mir damit nicht so gut, weil ich nicht wusste, wie es mir damit geht. Ob da was hoch kommt. Schließlich gab ich mir einen Ruck und schrieb der Freundin im Vorfeld, wie es mir eigentlich damit geht und, dass ich nicht weiß, ob ich mich dann und wann zurück ziehe. Dass ich Angst habe, dass in mir etwas hoch kommt, wenn ich den ganzen langen Tag bei ihnen bin.
Die Antwort war sehr liebevoll: „Du bist, so wie du bist, willkommen!“
Tatsächlich war ich aufgeregt, als ich kam, und meine Freundin merkte das. Als ich ankam, erzählte sie mir von einem Gedicht:
„Dreißig Speichen treffen sich in einer Nabe:
Durch ihr Loch in der Mitte (wörtlich: „aus ihrem Nichtsein“)
wird das Rad brauchbar.
Forme Ton und bilde ein Gefäß:
Es ist die Leere, die es brauchbar macht.
Schneide Tür und Fenster aus, damit ein Raum entsteht:
Es sind die Löcher, die ihn brauchbar machen.
Also kommt Gewinn durch das, was da ist,
Brauchbarkeit durch das, was nicht da ist.“
Mir kamen fast die Tränen, denn ich frage mich, welchen Raum und welche Brauchbarkeit mir meine Kinderlosigkeit da eröffnet
Manchmal habe ich Angst, meinen eigenen Weg zu finden, zu gehen und auszuprobieren. Denn es ist ein Weg, den so kein anderer Mensch geht. Der Weg und das Ziel sind noch nicht vorherbestimmt. Routenänderungen und Umkehrungen sind eingeplant.
Manchmal tut es mir weh, wie mein Schmerz klein geredet wird, wenn er manchmal da ist und hoch kommt. Als ob das etwas wäre, womit ich doch bitte schön, jetzt endlich Frieden gefunden haben sollte. Das sagen mir meine Single-Freundinnen. Jetzt ist doch mal gut. Und das es doch gar nicht so schlimm wäre.
Meine Eltern-Freundinnen sind so gestresst, dass sie sich einfach nur Schlaf und eine kurze freie Minute mal wünschen. Das verstehe ich.
Mir tut es weh, dass es manchmal für mich nicht mehr sichtbar ist, was ich da eigentlich mache
Das Weitermachen, jeden Tag auf`s Neue und das sich immer wieder auf`s Leben neu einlassen. Das was ich tue, warum kommen manchmal diese nebligen Schleier hoch, wo ich all das nicht sehen kann, was so großartig ist?
Mich freut es, dass die Anerkennung für Eltern da ist. Es ist sichtbar und es wächst, was sie erschaffen haben. Ihre Anstrengung und ihr Wirken sind sichtbar.
Mir tut es weh, dass die Anerkennung für ungewollt Kinderlose einfach nicht stattfindet. Denn ungewollt Kinderlose überwinden ja etwas, was nicht sichtbar ist. Sie leben einfach weiter. Sie geben sich und ihrem Leben eine neue Richtung und einen neuen Weg. Einen, der abgetan wird, dass man als Zuspät-Entscheiderin, typisch Akademikerin, sich halt hätte früher anders entscheiden müssen. Ja, vielleicht. Ich kann es nur nicht rückgängig machen.
Mir wird bewusst, dass es vielleicht keine Worte dafür gibt
Dass es vielleicht nicht sichtbar ist, wohin all meine Liebe geht, die ich zu geben habe. Und mir wird bewusst, dass ein Teil von mir sagt, „Hey, ich habe auch richtig viel Liebe zu vergeben, auch wenn ich kein Kind im Arm halte. Aber ich würde es tun und ich möchte dich von ganzem Herzen daran erinnern, dass ich ein Teil von dir bin und lieben möchte. Liebe geben und lieben. Nur weil du ein eigenes Kind nicht halten, berühren und in den Schlaf wiegen kannst, heißt das nicht, dass du keine Liebe mehr verschenken sollst. Im Gegenteil. Bitte zeige der Welt, dass du liebst, was du liebst und wie du es liebst. Liebe, sonst bist du verloren.“
Ich lächle meine Freundin an und weiß, ich bin willkommen. Vor allem, wenn ich mich ehrlich und verletzbar zeige. Vielleicht ist das meine Stärke. Und, dass ich ihr wirklich zuhören kann. Dass ich in der Gegenwart bin, wenn sie etwas erzählt, als Frau, die ständig unterbrochen wird in ihrem Tun durch ihr Kind.
[Weiterlesen in Teil 3 dieses Gastartikels]
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