Vertrauen nach Fehlgeburt | GASTARTIKEL

16.09.2020

Alex & Romy

Alex & Romy

Kinderwunsch-Coach und Paarberater

Fehlgeburt und unerfüllter Kinderwunsch. Zwei Themen, die oftmals zusammenhängen.

Wir freuen uns sehr über diesen tollen Gastbeitrag der Autorin Rosa Koppelmann. Sie hat auf Basis eigener Erfahrungen ein großartiges Buch rund um das Thema Fehlgeburt geschrieben.

Wir bedanken uns herzlich bei Rosa, dass sie einige Gedanken zum Thema „Vertrauen nach Fehlgeburt“ in diesem Blogartikel mit uns und der Zukunftsglück-Community für den Umgang mit unerfülltem Kinderwunsch teilt.

 

GASTBEITRAG | Vertrauen nach Fehlgeburt | Umgehen mit dem unerfüllten Kinderwunsch | Beitragsbild: Rosa Koppelmann

Vertrauen nach Fehlgeburt

Fehlgeburten. Ein Thema, von dem fast jede Frau schonmal gehört hat und das ungefähr jeder vierten Schwangerschaft ein frühzeitiges Ende setzt. Trotzdem ist das Thema noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen und wird nach wie vor als Tabu-Thema behandelt. Dabei ist es dringend nötig, freier über Fehlgeburten – oder Stille Geburten – zu sprechen. Denn nur, wenn wir offener darüber sprechen, schaffen wir es, zu erkennen, dass Fehlgeburten ganz normal sind; und keine Niederlage.

Dadurch, dass wenig über Fehlgeburten gesprochen wird, fühlen sich betroffene Frauen (und ihre Familien) häufig allein, wenn sie plötzlich ihr Kind verlieren oder ihre Frauenarzt-Praxis diagnostiziert: Es gibt leider keinen Herzschlag mehr. Allein und verloren in einer Welt, in der die Ärzte zu wenig Zeit haben, um darüber aufzuklären, was genau das alles nun bedeutet, warum es zu dem frühzeitigen Schwangerschaftsabruch kam und was die Frau nun für Möglichkeiten hat, um das kleine Wunder aus ihrem Bauch wieder ziehen zu lassen. Nicht selten folgt nach der Diagnose die Überweisung ins Krankenhaus, die Gebärmutter wird ausgeschabt, die Frau nach Hause geschickt und alleingelassen.  Das Leben geht weiter, die Arbeit ruft, der Alltag will bestritten werden, Ablenkung ist die beste Medizin. Dabei werden allerdings mehrere wichtige Punkte übersehen.

 

Eine Fehlgeburt ist der Verlust eines geliebten (sehr kleinen) Menschen

Selbst, wenn man ein Kind nur sechs oder acht Wochen im Bauch trägt, so hat man als Mutter bereits starke Gefühle für dieses kleine Wesen: denn es hat schon so viel in unserem Leben verändert. Unser weiblicher Körper hat sich verändert, wie fühlen uns Dank anderer Hormone anders, wir denken ganz anders an die Zukunft mit diesem kleinen Wesen, wir setzen vielleicht auch schon ganz andere Prioritäten.

Kurz: nur weil dieses Wesen nur ein paar Wochen bei uns war, erleiden wir dennoch einen Verlust – und dieser Verlust möchte gesehen und anerkannt werden. Wir dürfen trauern. Wir dürfen uns Zeit für ein Wochenbett mit Hebammenbetreuung nehmen. Wir dürfen ein Abschiedsritual vollziehen. Wir dürfen uns selbst in unserer Situation ernst nehmen.

 

Eine selbstbestimmte Fehlgeburt erleichtert den Umgang mit der Situation

Viel zu häufig wird nach der Diagnose „Fehlgeburt“ die Verantwortung an behandelnde Ärzte übergeben; sie wissen ja gerade was das Beste ist. Moment mal.

Nur DU weißt, was das Beste für dich ist! Niemand sonst. Und insbesondere in der emotional herausfordernden Situation in der man sich bei einer Fehlgeburt befindet, ist es wichtig, genau in sich hineinzuhören und zu schauen: was brauche ich jetzt wirklich? Erstmal eine Woche Ruhe? Eine Hebamme an meiner Seite, die mir meine Möglichkeiten in Ruhe erörtert? Eine Stille Geburt als Hausgeburt? Oder doch den Besuch im Krankenhaus? Was brauche ich? Nimm dir Zeit diese Fragen zu beantworten.

Wenn wir selbstbestimmt Entscheidungen treffen, so können wir später auf unsere Erfahrung zurückblicken und sagen: es war damals traurig, aber ich habe so gehandelt, wie es für mich das Beste war. Ohne das Gefühl zu haben, dass ein Krankenhaus etwas vorschnell „weggenommen“ hat (in einer Ausschabung) oder über unseren Kopf hinweg Entscheidungen getroffen wurden.

 

Durch die Auseinandersetzung mit unseren Erfahrungen können wir heilen

Ablenkung ist nicht immer die beste Medizin.

Ein Verlust bleibt ein Verlust und unser Schmerz möchte gesehen werden. Wir können nur die Dinge ändern, denen wir uns bewusst sind. Sehen wir unseren Schmerz an und erkennen ihn an, sind wir in der Lage auch mit ihm zu arbeiten und ihn schließlich loszulassen.

Gehen wir dagegen in die Verdrängung, setzt sich der Schmerz irgendwo im Körper fest und kommt nicht raus; vielleicht äußert er sich Jahre später durch ein psychisches oder physisches Phänomen.

 

Umgang mit Fehlgeburt – In der Gesellschaft und ganz individuell

Wenn wir es als Gesellschaft schaffen würden, offener über Fehlgeburten zu reden, so würde sich in Bezug auf dieses Thema bald eine „Normalität“ einstellen. Es ist traurig, eine Oma zu verlieren, aber wir alle verlieren früher oder später eine Oma. Es ist normal. Und es ist auch normal, ein Baby in der Frühschwangerschaft zu verlieren. Es ist weder etwas, wofür man sich schämen müsste, noch etwas, wofür man irgendeine Schuld trägt, noch etwas, was eine Frau weniger weiblich macht. Es passiert einfach. Es ist traurig, ja. Genau wie der Tod der Oma auch traurig ist. Aber es ist auch der Lauf der Dinge und darf frei von Schuldgefühlen als solcher anerkannt werden.

Und wie jeder Schicksalsschlag birgt auch eine Fehlgeburt in sich das Potential, daran zu wachsen. Nicht indem wir härter im Nehmen werden und die Mauer um unser Herz noch höher bauen; sondern in dem wir unser Herz noch weiter öffnen, uns erlauben zu fühlen, uns erlauben zu beobachten, was der Verlust mit uns macht – und warum er das macht. Woher kommen die möglichen Schuldgefühle wirklich? Woher kommt das mögliche Gefühl der Niederlage wirklich? Woher genau rührt die Trauer? Die Auseinandersetzung mit diesen und anderen Fragen bringt uns näher mit uns selbst in Kontakt und erlaubt uns, genauer hinzuschauen.

Und wer weiß, eines Tages blicken wir vielleicht auf unsere Fehlgeburt zurück und denken dankbar: wow, wenn das damals nicht gewesen wäre, dann wäre ich nicht hier, wo ich jetzt bin – und ich möchte nirgendwo anders sein, als genau hier.

So geht es mir heute, nachdem ich zwei Fehlgeburten erlebt habe. Auf Basis meiner eigenen Erfahrungen und der vieler anderer Frauen und Hebammen habe ich das Buch „Vertrauen nach Fehlgeburt“ geschrieben, in dem ich Frauen (und ihren Familien) auf ihrem Weg zurück ins Vertrauen und in ihre Kraft unterstütze. Denn mein Ziel ist es, dass eines Tages jede Frau auf der Welt gestärkt – und nicht geschwächt – aus einer Fehlgeburt hervorgeht.

 

Gastartikel | Vertrauen nach Fehlgeburt

 

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